Rückblick: Jahrestagung 2022 der „Zukunftszentren“

Innovative Kompetenzentwicklung im Betrieb

Auf der gemeinsamen Jahrestagung der beiden Programme „Zukunftszentren“ und „Zukunftszentren KI“ begrüßten das Zentrum digitale Arbeit (ZdA) und das KI-Wissens- und Weiterbildungszentrum (KI-WW) am 15. November 2022 ca. 220 Gäste aus der gesamten Bundesrepublik vor Ort in Berlin. Noch einmal ca. 200 Gäste verfolgten die Veranstaltung online. Unter der Überschrift „Innovative Kompetenzentwicklung im Betrieb“ blickten wir auf der gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales organisierten Veranstaltung auf drei Jahre Arbeit in den Regionalen Zukunftszentren zurück.

Wie unterstützen Zukunftszentren kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dabei, Digitalisierungsmaßnahmen in ihrem Betrieb umzusetzen? In welchen Bereichen kann KI niedrigschwellig die Arbeit von KMU erleichtern und innovativ voranbringen? Mittels praktischer Beispiele wurden diese und weitere Fragen in Vorträgen und Gesprächsrunden sowie an Messeständen beantwortet und die Digitalisierung im Arbeitsalltag damit greifbar und anschaulich gemacht.

Nach einer Begrüßung und kurzen Einführung durch Dr. Felix Erler, Leiter des ZdA, und Sönke Knoch, Projektleiter beim Regionalen Zukunftszentrum Saarland und Rheinland-Pfalz (RZzKI), benannte Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) in ihrer Keynote die vier grundlegenden Prozesse, die für sie Digitalisierung ausmachen: Erstens die Cloud-Infrastruktur, die den Transport riesiger Datenmengen erlaubt und Vernetzung ermöglicht, zweitens die Entwicklung einer Plattformökonomie, drittens ein Schub der Automatisierung, der zum Treiber der Dekarbonisierung wird und viertens die Veränderung im Bereich der Interessenvertretung der Beschäftigung. Gewerkschaften schrumpfen, gesetzliche Vorgaben werden zur letzten Halteregel. Um Digitalisierung müsse in Deutschland immer noch geworben werden und Bildung sei dabei ein wichtiger Faktor.

In den anschließend präsentierten Anwendungsbeispielen zur beruflichen Kompetenzentwicklung wurde dann anschaulich, wie Regionale Zukunftszentren hier ansetzen und als wichtige Impulsgeber und Helfer wirken können. Lilian Tschan, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, kam mit Mitarbeiter*innen von Regionalen Zukunftszentren sowie Vertreter*innen von KMU ins Gespräch und ließ sich innovative Qualifizierungskonzepte vorführen und erläutern. Ein digitales Assistenzsystem zur Sturzprävention (Zukunftszentrum Brandenburg), die Methode LEGO Serious Play (Zukunftszentrum Sachsen) und ein Planspiel (Zukunftszentrum Süd) zeigten die große Bandbreite an Herangehensweisen und Einsatzmöglichkeiten. "Digitalisierung ist die DNA des 21. Jahrhunderts, trotz aller Krisen", so Tschan. "Die Herausforderungen der Zukunft warten nicht auf das Ende der Krisen - wir müssen den technischen und gesellschaftlichen Fortschritt organisieren und vorantreiben.", hob sie hervor.

Wie die Zukunftszentren diese Aufgabe angehen, wurde auch im ersten Vortrag am Nachmittag deutlich, der den Beratungsansatz der Regionalen Zukunftszentren vorstellte. In einem gemeinsamen Vortrag der Zukunftszentren Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg erklärten Dr. Oliver Franken und Denise Gramß wie der richtige Weg gezeigt werden kann, ohne zu missionieren – nämlich im Miteinander und auf Augenhöhe mit den Unternehmen und deren Beschäftigten. Menschen zuhören, Bedarfe erkennen und den Betrieb begleiten - das sind die Leitgedanken der Expert*innen, wenn sie den Wandel gemeinsam mit den Unternehmen und Beschäftigten ganzheitlich begleiten. Hier setzte auch der folgende Vortrag von Prof. Dr. Uwe Elsholz vom Zukunftszentrum KI NRW an, in dem er dafür plädierte, das Erfahrungswissen der Beschäftigten in der Weiterbildung zu nutzen und eine „kompetenzsensible Digitalisierung“ zu fördern. Qualifizierung müsse noch dichter an Arbeitsprozesse angebunden werden, beispielsweise durch die Entwicklung neuer Formate, die Beratung und Qualifizierung verbinden.

Mit Stichworten wie Partizipation, Begeisterung, Freiraum, Beziehungsarbeit wurden diese Themen dann auch in der folgenden Gesprächsrunde mit Vertreter*innen Regionaler Zukunftszentren und von ihnen unterstützter Unternehmen wieder aufgegriffen. In den Beispielen aus den Zukunftszentren Hessen, Thüringen und Nord zeigte sich, dass ein offener Austausch und ein gemeinsamer Blick über den Tellerrand am zielführendsten sind. Kommunikation und Transparenz seien dabei besonders wichtig. Außerdem müsse Technologie „entmystifiziert“ und Berührungsängste abgebaut werden, damit „Mensch-Technik-Beziehungen“ entstehen können. Das sei unabdingbar, denn Digitalisierung ist ein Schlüssel zum Erfolg und in Zeiten, in denen Prozesse immer schneller, agiler und komplexer werden, sei KI zwingend notwendig.

Die letzte Runde, die sich mit dem Thema KI und KMU – Möglichkeiten und Herausforderungen beschäftigte, wurde von Prof. Dr. Niels Pinkwart, Forschungsbereichsleiter am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Prof. Dr. Anna Riedel, Professorin für Digital Business an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, und Oliver Suchy, Abteilungsleiter für Digitale Arbeitswelten und Arbeitsweltberichterstattung beim DGB Bundesvorstand, bestritten. Prof. Dr. Pinkwart betonte, dass bei der Beschäftigung mit Künstlicher Intelligenz der Fokus häufig zu sehr auf den Daten liege und der Faktor Mensch untergewichtet sei bzw. nur implizit behandelt werde. Problematisch sei dabei nicht nur die ethische Komponente, sondern KI sei als Werkzeug ohne den Menschen schlichtweg wertlos. Suchy beschäftigte sich ergänzend dazu in seinem Co-Referat mit der Frage, wie KI für Gute Arbeit und gegen den Fachkräftemangel eingesetzt werden kann. Sein Plädoyer: „Lasst uns mehr an die Menschen denken - und zwar auf allen Seiten!“ Prof. Dr. Riedel wies im zweiten Co-Referat darauf hin, dass viele KMU noch ganz am Anfang der Digitalisierung stehen. Warum? Weil die Freiräume fehlen, sich intensiv mit der Digitalisierung auseinander zu setzen. Hier gibt es Handlungsbedarf.

Einen Ausblick auf das neue ESF Plus-Programm Zukunftszentren gab zum Abschluss der Veranstaltung Fabian Langenbruch, stellvertretender Leiter der Abteilung für Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung und Fachkräftesicherung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Seine Botschaft war, dass es bis Ende 2026 (fast) nahtlos mit der Arbeit der Regionalen Zukunftszentren weitergehen kann, die trotz widriger Umstände wie der Corona-Pandemie in den vergangenen drei Jahren gute Arbeit geleistet haben und sehr nah an den KMU dran sind. Digitalisierung bleibt auch im neuen Förderprogramm zentrales Thema, die ökologische Transformation kommt jedoch als wichtiger Bereich hinzu. Außerdem sollen sich bereits bestehende Netzwerke und Verbünde noch enger verzahnen und weiter ausgebaut werden. Denn: Netzwerken ist das Gold unserer Zeit. Langenbruchs Fazit der Veranstaltung lautete: Die Beispiele aus der betrieblichen Praxis schaffen eine gute Erdung - Danke! Dem schlossen sich in ihrem Fazit auch Dr. Felix Erler und Sönke Knoch an, die den Kreis schlossen und die gelungene Veranstaltung, auf der viele Lösungsansätze besprochen und ausgetauscht wurden, beendeten.

Fotos: Florian Manhardt

Graphic Recording: Anne Lehmann

Videos: Sympathiefilm

Wir danken Gundula Lasch für das spannende Live-Blogging am Veranstaltungstag, welches auch eine gute Grundlage für den Rückblick bildete!