Veranstaltungsfazit: Netzwerktagung – Digitalgestützte Bildung im Kontext einer innovativen Arbeitswelt

Am 24.11.2021 fand die virtuelle Netzwerktagung für Bildungsinteressierte zum Thema „Digitalgestützte Bildung im Kontext einer innovativen Arbeitswelt“ statt.

Die bundesweit offene Netzwerkveranstaltung richtete sich an Bildungsanbieter, Multiplikator*innen und Interessenten aus Bildung, Wirtschaft und (Bildungs-)Forschung. Die Bildungsprojekten ComPo und ComP-ASS erstellten mit Unterstützung des INQA-Netzwerkbüros und des Zentrums für digitale Arbeit ein umfangreiches Programm mit Impulsvorträgen und Raum für Diskussionen. Dieser Austausch wurde in drei parallelen Foren mit verschiedenen Schwerpunkten intensiviert. Eines dieser Diskussionsforen wurden vom Zentrum digitale Arbeit (Prof. Michael Uhlmann, ATB gGmbH) moderiert.

Zentrale Frage dieses dritten Forums: Lernzeit gleich Arbeitszeit?! – berufliche Bildung neu denken. Um sich diesem Thema zu nähern, stellten sich die 12 Teilnehmenden u.a. die Fragen inwiefern digitalgestützte Weiterbildung bereits aktuell nachgefragt und angeboten wird und inwiefern sich Unternehmen auf berufsbegleitende Weiterbildung am Arbeitsplatz einstellen.

Die Diskussion der Teilnehmenden aus unterschiedlichen Branchen nahm schnell Fahrt auf. Ein Handwerksvertreter merkte an, dass seine Mitarbeitenden überwiegend ganztätig auf Montage sind. Dort sei Lernen kaum möglich. Lernzeiten im Rahmen einer Weiterbildung würden daher oft erst nach der Arbeitszeit erfolgen. Besser funktioniere dies bei Mitarbeitenden im Büro. Vor allem Assistenzen der Geschäftsführungen in KKU und KMU nutzen digitale Lerneinheiten aber bereits während der Arbeitszeit.

Auch wurde festgestellt, dass digitale Bildung nicht gleich digitale Bildung ist. Spielerische und interaktive Vermittlung funktioniere besser als einfache Videos. Das Konzept der sog. Gamification bietet dabei einen besonderen Anreiz, wenn z.B. Punkte gesammelt werden können, oder man sich mit Kolleg*innen spielerlisch messen kann. Es zeigte sich, dass die Erwartungen an digitale Angebote hoch sind: zeitlich flexibler, preiswerter und qualitativ hochwertiger als Präsenzworkshops. Außerdem erwarten einige von den Mitarbeitenden, die im Unternehmen für die Weiterbildungen zuständig sind, dass sie selbst derartige digitale Lernkonzepte erstellen können. Dabei wird die Komplexität, die hinter diesen Lerneinheiten steckt, häufig unterschätzt. Hierfür sind fundierte didaktische und technische Kompetenzen notwendig, über die die entsprechenden Mitarbeitenden meist gar nicht verfügen (können); von den technischen Voraussetzungen ganz zu schweigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Bezug auf Weiterbildung, ist die Abwesenheit der entsprechenden Mitarbeitenden. Gerade für KKU ist dies oft schwierig, denn jede/r Mitarbeitende zählt. Um diese Abwesenheitszeit zu verkürzen, schätzen die Teilnehmenden Selbstlernphasen. Mitarbeitende können selbst entscheiden, wann sie was lernen. Werden die entsprechenden Lerneinheiten bereits vom Anbieter knapp gehalten – sog. Lernnuggets -, können Mitarbeitende auch kürzere Leerlaufphasen für ihre Weiterbildung nutzen. Allerdings wurde auch reflektiert, dass nicht jeder Mitarbeitende über die notwendige Selbstlernkompetenz verfügt. Bevor einem Mitarbeitenden eine Weiterbildung mit entsprechenden Selbstlernphasen angeboten wird, sollte also zunächst geklärt werden, ob die Kompetenz – Lernen lernen – bereits ausgeprägt ist.

Unsere Teilnehmenden und ihre Mitarbeitende nutzen derzeit überwiegend die Kombination aus Arbeits- und Freizeit. Dies gilt vor allem für Weiterbildungen, die zertifiziert sind. Die Zertifizierung spielt für die Auswahl der Weiterbildung allerdings meist eine untergeordnete Rolle, denn jede Weiterbildung nützt dem Unternehmen und dem Mitarbeitenden. Den Angestellten erst einmal von der Qualifizierung zu überzeugen, sei das Schwierigste.

Aber was ist mit dem Wissen, welches nicht durch eine formale Weiterbildung erworben wird? Was ist mit dem informellen Wissen und somit Lernen, welches innerhalb eines Betriebes von Kollege zu Kollegin weitergegeben wird? Informelles Lernen rückt immer stärker in den Fokus der Unternehmen. Gerade ältere und langjährige Mitarbeitende verfügen über Wissen, welches mit Renteneintritt nicht verloren gehen darf. Dieses Lernen allerdings zu organisieren und zu unterstützen, stellt Unternehmen noch vor große Herausforderungen. Wie unterstütze ich meine Mitarbeitenden, ihre gegenseitigen Bedarfe und nicht dokumentiertes und in Prozessen verankertes Know-How zu erkennen? Wie halte ich sie dazu an, ihr Wissen weiterzugeben und nachzufragen? Oder kurz: Wie kann ich eine Weiterbildungskultur im Unternehmen etablieren?

Konstatieren lässt sich, dass die Mitarbeitenden meist auch Freizeit für ihre Weiterbildung invesieren. Digitalgestützte Lerneinheiten werden dabei oft gut angenommen. Die Kompetenz des Lernenden, sich seine Zeit und Lerneinheiten selbst einzuteilen, ist dabei zentral. Auch informelles Wissen wird immer wichtiger. Gerade ältere und erfahrene Kolleg*innen verfügen über Wissen, was in keiner Weiterbildung vermittelt werden kann. Die Kombination aus formellem und informellem Lernen ist heute schon ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen. Um beidem gerecht zu werden, ist eine förderliche Weiterbildungskultur auch in KKU notwendig.