Gesundheit, Wohlbefinden und Leistung von Erwerbstätigen

Zur Wirkung von Informations- und Kommunikationstechnologien

Die zunehmende Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IUK) in Organisationen und Unternehmen geht einher mit grundlegenden Veränderungen in der Natur von Berufen und der Wahrnehmung von Arbeit durch die Beschäftigten (Wang, Liu, & Parker, 2020). Vor dem Hintergrund der Sicherung Guter Arbeit muss hinterfragt werden, welche Aspekte der Arbeitsgestaltung durch die Einführung von IUK im Arbeitskontext verändert werden und wie sich dies auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Arbeitsleistung der Erwerbstätigen auswirkt (Orlikowski & Scott, 2008).

Als IUK werden elektronische Technologien verstanden, welche Informationen sammeln, speichern und senden können (Day, Paquet, Scott, & Hambley, 2012). Dazu gehören beispielsweise Smartphones, E-Mail, Videokonferenztools oder SAP-Produkte. Unter IUK-Nutzung wird die zur Hilfenahme von einem oder mehreren Features einer IUK zur Erledigung von Aufgaben verstanden (Burton-Jones Straub, 2006). Dabei kann die Intensität der Nutzung von der Funktion der Nutzung unterschieden werden. Zum Beispiel kann es einen Unterschied machen, ob das Smartphone nach 21 Uhr zum Chatten mit Kolleg*innen (Kommunikationsfunktion) benutzt wird oder zur Recherche von Informationen (Aufgabenfunktion). Zur Abschätzung der Wirkung von IUK ist es wichtig, beide Aspekte der IUK-Nutzung zu berücksichtigen (Wang et al., 2020). Zudem ist ein vertieftes Verständnis der kontextuellen Aspekte (Sozio‑Technologie-Fit) und individuellen Aspekte (User-Technologie-Fit), die diese Wirkung beeinflussen, wichtig.

Einen Rahmen zur Beantwortung der Frage, welche Aspekte der Arbeitsgestaltung durch die Einführung von IUK im Arbeitskontext verändert werden und wie sich dies auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Arbeitsleistung der Erwerbstätigen auswirkt, bildet das Modell von Wang und Kolleg*innen (2020). Dieses Modell stellt drei Aspekte der Arbeitsgestaltung in den Mittelpunkt: Arbeitsanforderungen, Arbeitsautonomie und relationale Arbeitsaspekte. IUK-Nutzung birgt Chancen und Risiken für alle drei Tätigkeitsmerkmale.

Modell zur Wirkung von IuK im Arbeitskontext adaptiert von Wang und Kolleg*innen (2020)

Durch die Nutzung von IUK können auch neue Arbeitsanforderungen auftreten. Beispiele dafür sind Informationsüberlastung, IUK basierte Lernanforderungen und IUK spezifische Probleme.

Informationsüberlastung

Informationsüberlastung tritt auf, wenn Mitarbeitende mit mehr Informationen konfrontiert sind als sie aufnehmen können oder der Prozess der Informationsverarbeitung die vorhandenen zeitlichen und kognitiven Ressourcen übersteigt (Farhoomand & Drury, 2002). Intensive Nutzung von sozialen Medien während der Arbeit kann zu Informationsüberlastung führen, die wiederum mit Erschöpfung und beeinträchtigter Leistung einhergeht (Yu, Cao, Liu, & Wang, 2018).

IUK ermöglich außerdem den gleichzeitigen Informationsfluss auf mehreren Kanälen. Dadurch können Erwartungen oder die Notwendigkeit, verschiedene Aufgaben und Ziele zur gleichen Zeit zu erledigen bzw. zu verfolgen, entstehen (Multitasking; Ragu Nathan et al., 2008). Zum einen wird argumentiert, dass Multitasking die Arbeitsleistung steigern kann, wenn die Arbeitsverhältnisse es verlangen (König & Waller, 2010). Anderseits zeigen die Neurowissenschaften, dass Multitasking kein paralleles Arbeiten ist, sondern ein schneller Wechsel zwischen den Aufgaben mit kurzen Intervallen (e.g., Pashler, 1994) und negative Auswirkungen auf Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen hat (z. B., Ophir, Nass, & Wagner, 2009). Jedoch beruhen diese Erkenntnisse meist auf Laboruntersuchungen, während eine Feldstudie einen kurvilinearen Zusammenhang zwischen Multitasking und verschiedenen individuellen Auswirkungen zeigte. Bei einem moderaten Niveau an Multitasking können Menschen Informationen und Wissen aus einer Aufgabe zur produktiven Erfüllung einer anderen Aufgabe nutzen. Überstiegt jedoch das Niveau an Multitasking eine gewisses Grenze, reduzierte sich die Reaktionszeit und die Fehlerrate steigt (Aral, Brynjolfsson, & Van Alstyne, 2012).

  • User-Technologie-Fit: Außerdem scheinen auch individuelle Faktoren wie Präferenzen und Alter eine Rolle zu spielen. Menschen, welche Multitasking präferieren, berichten weniger Informationsüberlastung, wenn sie mit vielen Informationen konfrontiert sind. Dies galt ebenso für jüngere im Vergleich zu älteren Menschen. Die Autoren der Studie vermuten, dies könnte daran liegen, dass im Alter die kognitiven Kapazitäten zur schnellen Informationsverarbeitung generell abnehmen (Saunders, Wiener, Klett, & Sprenger, 2017).

Lernanforderungen

Typischerweise nehmen Mitarbeitende erhöhte Lernanforderungen nach der Einführung von elektronischen Systemen wahr. Die Anpassung an neue Arbeitsroutinen und die Wahrnehmung erhöhter Komplexität des Arbeitsprozesses fordern mehr kognitive Ressourcen zur Aufrechterhaltung guter Arbeitsleistung (Bala & Venkatesh, 2013). Lernanforderungen können somit zu Stress, Beeinträchtigungen im Wohlbefinden und Leistung führen (z. B., Tarafdar et al., 2007; Wang, Shu, & Tu, 2008). Allerdings nehmen wahrgenommene Lernanforderungen mit zunehmender Vertrautheit mit der neuen Technologie auch wieder ab und die Nutzer*innen entwickeln mehr Freude im Umgang mit der Neuerung und nehmen mehr Benutzerfreundlichkeit über die Zeit wahr (Venkatesh, 2000). Vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit von IUK sei jedoch gesagt, dass Updates zyklische Lernanforderungen an Mitarbeitende mit sich bringen (Day etal., 2010; Tsai, Compeau, & Haggerty, 2007) und somit auch wiederholte Phasen in denen ein erhöhter Ressourceneinsatz notwendig ist.  

  • User-Technologie-Fit: Neben zeitlichen Einflussfaktoren spielen aber auch individuelle Faktoren wie Alter und Arbeitserfahrung eine Rolle. Ältere Menschen sind resistenter gegenüber technologischen Veränderungen und zeigen typischerweise eine schlechtere Leistung in technologischen Trainings, da es ihnen an Vertrauen in ihre Fähigkeiten zum Erlernen neuer Technologien mangelt (Gist, Rosen, & Schwoerer, 1988; Tu, Wang, & Shu, 2005). Vorerfahrung im Umgang mit IUK kann aber die wahrgenommen Lernanforderungen reduzieren (Marler & Liang, 2012; Young & Stanton, 2006). Außerdem haben Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung und positiven Einstellungen zum und Spaß am Erlernen neuer technischer Fähigkeiten weniger Beeinträchtigungen in Wohlbefinden und Leistung durch Lernanforderungen (Tarafdar, Pullins, & Ragu-Nathan, 2015; Tsai et al., 2007).

In Hinblick auf organisationale Unterstützungsmaßnahmen scheint die Spezifität der Unterstützung wichtig zu sein (Bakker, Demerouti, & Euwema, 2005).

  • Sozio-Technologie-Fit: Die Versorgung mit aktueller Software, Technologie und Updates kann die negative Wirkung von Lernanforderungen auf IUK bezogenen Stress und Burnout abfedern (Day et al., 2012). In Kontrast spielen die Bereitstellung von Training und technischem Support sowie Involvierung der Nutzer*innen in die Planung und Implementierung von IUK keine Rolle für den Zusammenhang zwischen IUK Anforderungen und Arbeitszufriedenheit oder die Zufriedenheit mit der IUK-Nutzung (Fuglseth & Sørebø, 2014; Ragu-Nathan et al., 2008).

Spezifische IUK bezogenen Probleme

Nutzung von IUK zur Bewältigung von Aufgaben bringt neue Anforderungen durch spezifische IUK bezogenen Problemen wie technologische Inkompatibilität, Datenschutzrisiken und IUK Fehlfunktionen mit sich (Day et al., 2010; Ragu-Nathan et al., 2008). Diese IUK spezifischen Probleme können die Emotionen, das Wohlbefinden und die Leistung der Nutzer*innen negativ beeinflussen (Bessière et al., 2006; Day et al., 2012; Lazar, Jones, & Shneiderman, 2006; Zimmerman, Sambrook, & Gore, 2014).

  • User-Technologie-Fit: Dabei spielt aber auch eine Rolle, welche Strategien die Nutzer*innen anwenden zum Umgang mit diesen Problemen anwenden. Durch adaptive Strategien kann IUK induzierter Stress in Energie umgewandelt werden, welche zum besseren Management der IUK induzierten Anforderungen bereitsteht. In Kontrast führen maladaptive Strategien zu Aggressionen oder Distanzierung und verschlimmern die Probleme (Bessière et al., 2006; Shorkey & Crocker, 1981).
  • Sozio-Technologie-Fit: Auch organisational Unterstützung wie personalisierte technische Assistenz kann die Wirkung von IUK spezifischen Problemen auf gesundheitliche Belastungen und Zynismus abschwächen. Allerdings scheint hier die Versorgung mit aktueller Software, Technologie und Updates nicht auf die gleichweise zu wirken (Day et al., 2012).

Im Zusammenhang mit der Nutzung von IUK zur Kommunikation mit anderen Personen werden IKU bezogenen Unterbrechungen diskutiert. IKU basierte Unterbrechungen wie zum Beispiel häufige Sofortnachrichten in Chatanwendungen erhöhen Arbeitsanforderungen wie Zeitdruck und beinträchtigen die Leistung und das Wohlbefinden (z. B., Addas & Pinsonneault, 2015, 2018a; Jett & George, 2003; Sonnentag, Reinecke, Mata, & Vorderer, 2018; Ter Hoeven, van Zoonen, & Fonner, 2016). Unterbrechungen scheinen jedoch weniger schädlich, wenn die durch die Unterbrechung nützliche Informationen für die primäre Arbeitsaufgabe erhalten werden (Addas & Pinsonneault, 2015).

Autonomie ist der Grad an Spielraum, in welchem täglich entschieden werden kann, wann und wie Arbeitsaufgaben erledigt werden (Parker, 2014). Dazu gehört die Arbeitszeit-, die Entscheidungs- und die Methodenautonomie (Morgesin & Humphrey, 2006). Autonomie kann die Arbeitsleistung steigern, da sie zur Steigerung der intrinsischen (Gagne, Senecal, & Koestner, 1997) sowie prosozialen Motivation beiträgt (Parker et al., 2007) und ermöglicht Probleme direkt an der Ursache anzugehen (Cordery, Morrison, Wright, & Wall, 2010).

IUK Nutzung kann die Arbeitszeitautonomie erhöhen, indem mobile IUK Ressourcen und Informationen zu jeder Zeit an jedem Ort bereitstellt, sodass beispielsweise in virtuellen Teams, von Zuhause oder in den späten Abendstunden gearbeitet werden kann (Raghuram, Hill, Gibbs, & Maruping, 2019). Diese Autonomie kann zu höherem Arbeitsengagement (e.g., Fujimoto, Ferdous, Sekiguchi, & Sugianto, 2016; Ter Hoeven et al., 2016; van Zoonen & Rice, 2017) und besserer Arbeitsleistung führen (Gajendran, Harrison, & Delaney-Klinger, 2015). Zudem wird eine bessere Vereinbarkeit von unterschiedlichen Rollen und Lebensdomänen postuliert. Die Empirie zeigt jedoch, dass es darauf ankommt, welche Präferenzen Mitarbeitende hinsichtlich der Trennung von Arbeit und anderen Lebensbereichen haben.

  • User-Technologie-Fit: Für Mitarbeitende, die die Integration von Arbeit und Privatem präferieren, geht IUK Nutzung zur Erledigung von Arbeitsaufgaben zuhause mit mehr wahrgenommener Kontrolle (z. B. über Arbeitszeiten) einher. Dahingegen nahmen Mitarbeitende, welche die eine Segmentierung der Bereich bevorzugen, mit weniger wahrgenommener Kontrolle einher (Piszczek, 2017; Xie et al., 2018).

Kürzlich wurden auch theoretische Überlegungen zur Unterscheidung der Wirkung von Informationstechnologien einerseits und der Wirkung von Kommunikationstechnologien anderseits vorgestellt (Lai & Dobrajska, 2015). Während Informationstechnologien die Kosten der Informationssammlung senken und somit die Delegation von Entscheidungen erhöhen, senken Kommunikationstechnologien die Kosten der Übermittelung von Informationen zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitenden, was eher zur Zentralisierung und Verringerung von autonomen Entscheidungen der Mitarbeitenden führt. Für belastbare Aussagen ist in diesem Bereich jedoch noch weitere Forschung nötig.

Nutzung von IUK zur Kommunikation kann die instrumentelle soziale Unterstützung erhöhen. IUK mediierte Kommunikation bietet weniger räumliche und zeitliche Restriktionen, die Möglichkeit paralleler Kommunikation und den Abruf und die Dokumentation von Informationen mit sehr hoher Geschwindigkeit (Dennis, Fuller, & Valacich, 2008; Zhang & Venkatesh, 2013). Soziale Medien reduzieren weiterhin Kommunikationskosten hinsichtlich Beschaffung und Lieferung von Informationen in interpersonalen Beziehungen und ermöglichen so, den schnellen Aufbau bzw. die Erweiterung von professionellen Netzwerken (Wang et al., 2020). Das Teilen von Informationen über Gruppen- und Teamgrenzen hinweg in Form verschiedener Angebote wie Trainings oder professionelle Beratung bietet den Mitarbeitenden mehr Ressourcen und ermöglicht ihnen somit auch ein höheres Leistungsniveau (Ali-Hassan, Nevo, & Wade, 2015 Robertson, O’Reilly, & Hannah, 2019).

Mit dem Beginn des Zeitalters von Internet, sozialen Medien und künstlicher Intelligenz kann die Nutzung von IUK zur effizienten Erreichung arbeitsbezogener Ziele beitragen und dabei Menschen vor Routineaufgaben bewahren (Chesley, 2010). Für informationsintensive Aufgabe müssen nun weniger Zeit und weniger geistige Ressourcen aufgewendet werden.

  • Empirisches Beispiel: Krankschwestern, welche häufiger Smartphones für Arbeitsaufgaben benutzen, berichten auch eine höhere Produktivität und bessere Qualität der Patientenversorgung (Bautista, Rosenthal, Lin, and Theng, 2018). Ein Grund dafür könnte sein, dass Smartphones die Kommunikation, Koordination und das Management medizinischer Informationen erleichtern.

IUK-Nutzung scheint also mit reduzierten Arbeitsanforderungen einherzugehen. Die empirische Prüfung dieser Behauptung auf individueller Ebene erfolgte bisher aber nur durch wenige, meist querschnittliche Studien (Wang et al., 2020). So könnten umgekehrt auch jene Krankenschwestern, die per se effizienter sind, mehr IUK nutzen.

Die Kehrseite der Medaille sind ungewollte Konsequenzen des Gebrauchs von IUK wie oberflächliche Informationsverarbeitung und daraus folgende Sicherheitsprobleme. So beeinflusst die häufige Nutzung von mobilen Technologien Gedächtnis, Aufmerksamkeit und kognitive Leistungsfähigkeit (Wilmer, Sherman, & Chein, 2017) und kann dazu führen, dass Mitarbeitende weniger kognitive Ressourcen nutzen als die Aufgabe eigentlich erfordern würde (mentale Unterlastung; Wang et al., 2020). In Bereichen mit hoher Automatisierung kann dies wiederum mit Sicherheitsrisiken einhergehen, da Mitarbeitende ihre Aufmerksamkeit nicht genügend aufrechterhalten können, um im Falle einer Fehlfunktion schnell und effektiv eingreifen zu können (Young & Stanton, 2002). Aber auch Wissensarbeiter und Wissensarbeiterinnen sind betroffen.

  • Empirisches Beispiel: Informationen, die am Bildschirm gelesen werden, werden weniger tief verarbeitet und damit später schlechter erinnert als Informationen, die analog gelesen werden (Singer & Alexander, 2017).

IUK Nutzung kann die Arbeitsautonomie Mitarbeitender verringern, in dem IUK neue unternehmerische Kontrollmechanismen ermöglichen und einen Zwang zur ständigen Erreichbarkeit schaffen (Bader & Kaiser, 2017). So gab es eine Verschiebung von der Überwachung organisationaler Kennzahlen wie Leistung hin zur Überwachung spezifischer individueller und Gruppentätigkeiten (z. B. Internetnutzungsverhalten) sowie deren Leistung (Bernstein, 2017; Nebeker & Tatum, 1993). Aus theoretischer Perspektive führt Monitoring zu reduzierter Kontrolle der Mitarbeitenden über Arbeitstempo, -zeitplanung, -methoden und -entscheidungen (Carayon, 1993). Gemischte Befunde zu dieser Annahme zeigen jedoch, dass weitere empirische Untersuchungen nötig sind und der Fokus auf kontextuelle und individuelle Einflussfaktoren wichtig ist (Wang et al., 2020). Allerdings kann sich bei der Gestaltung von Monitoring bereits an Kriterien wie Integration von nützlichem Feedback, Klarheit von Monitoringkriterien, Qualität der Arbeitsbedingungen (z. B. soziale Unterstützung und Arbeitsplatzsicherheit) und adäquate Überwachungshäufigkeit sowie Definition der kontrollierten Tätigkeit orientiert werden (Alge & Hansen, 2014; Ball, 2010; Stanton, 2000). Ein balancierter Einsatz von Monitoring bietet so, die Möglichkeit Mitarbeitenden wertvolles Feedback zu geben und Gefühle von Machlosigkeit und Distanzierung von der Arbeit zu vermeiden (Alge & Hansen, 2014; Ball, 2010; Stanko & Beckman, 2015).

  • User-Technologie-Fit: Reaktionen auf Monitoring variieren auch mit den aufgabenbezogenen Fähigkeiten der Mitarbeitenden (Aiello & Kolb, 1995; Schleifer, Galinsky, & Pan, 1995). Hoch qualifizierte Personen zeigen eine bessere Leistung, wenn sie überwacht werden im Vergleich zu einer Situation ohne Überwachung, während niedrig qualifizierte das umgekehrte Verhalten zeigen. Ebenso spielen Einstellungen zu Überwachung, Bindung an das Unternehmen und Identifikation mit dem Unternehmen eine Rolle (Spitzmüller & Stanton, 2006; Stanton, 2000). Mitarbeitende akzeptieren Monitoring eher, wenn sie positive Einstellungen zum Monitoring und eine hohe Bindung an das Unternehmen sowie hohe Identifikation mit dem Unternehmen haben.  

Weiterhin kann IUK standardisierte Arbeitsabläufe, Routinen und Automatisierung fördern, wodurch weniger Aufmerksamkeit auf die Handlungsspielräume der Nutzer*innen gerichtet wird (Grote, Weyer, & Stanton, 2014). Als Konsequenz entsteht bei den Nutzer*innen der Eindruck weniger Entscheidungsautonomie und Freiräume hinsichtlich der Methodenwahl zu haben, wodurch sie geneigt sind, ihre Fähigkeiten in geringerem Maße einzusetzen (Bala & Venkatesh, 2013; Eriksson-Zetterquist, Lindberg, & Styhre, 2009).

IUK Nutzung kann die Arbeitsautonomie Mitarbeitender verringern, in dem IUK zu Erwartungen hinsichtlich ständiger Erreichbarkeit führt (z. B., Cavazotte, Heloisa Lemos, & Villadsen, 2014; Mazmanian et al., 2013). So können über Messanger Dienste unbegrenzt Nachrichten zu jeder Zeit an jeden Ort gesendet werden ohne Bedenken zu haben die oder den Empfänger*in zu stören. Allerdings besteht dann trotzallem eine normative Erwartung, dass die oder der Empfänger*in die Nachricht in einem entsprechenden Zeitfenster beantwortet. Dies unterscheidet sich von der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht, da hier die oder der Sender*in die andere Person unterbrechen muss, nur eine begrenzte Anzahl an Nachrichten möglich ist und nach dem Gespräch eventuell Aufgaben bereits erledigt sind (Barley et al., 2011).

Durch IUK ermöglichte ständige Erreichbarkeit kann auch dazu führen, dass Arbeitsaspekte immer mehr in die private Domäne der Mitarbeitenden eindringen und Grenzen aufweichen (Wang et al., 2020). So kann die Erwartung, dass Mitarbeitende auch nach ihrer normalen Arbeitszeit erreichbar sind, dazu führen, dass diese weniger Autonomie im Privatleben wahrnehmen (Fenner & Renn, 2004, 2010). Eine Vielzahl von empirischen Studien zeigt, dass die intensive Nutzung von IUK für Arbeitsbelange nach der normalen Arbeitszeit negative Auswirkungen hat wie zum Beispiel Konflikte zwischen Arbeit und Familie, reduziertes Wohlbefinden (z. B., emotionale Erschöpfung und schlechte Schlafqualität) und reduzierte Leistung (z. B., Boswell & Olson-Buchanan, 2007; Butts, Becker, & Boswell, 2015; Chen & Karahanna, 2018; Ferguson et al., 2016; Piszczek, 2017).

  • User-Technologie-Fit: Möglicherweise können Mitarbeitende, die eine persönliche Präferenz für die Integration von Arbeit und Privatem haben oder sehr gute Fähigkeiten im Zeitmanagement (z. B. Zielsetzung, Priorisierung) besitzen, besser mit ständiger Erreichbarkeit umgehen (Fenner & Renn, 2010; Huang & Lin, 2014).

Die Nutzung von IUK zur Kommunikation kann auch negative Auswirkungen auf die emotionale soziale Unterstützung haben, da sie nur ein geringes Maß an sozialen Signalen wie Körperspräche oder demografische Informationen enthält (Daft & Lengel, 1986; Siegel, Dubrovsky, Kiesler, & McGuire, 1986; Walther, 2011). Selbst Videokonferenzen können nicht alle sozialen Signale übermitteln, welche in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht ausgetauscht wurden wären (Lee, Leung, Lo, Xiong, & Wu, 2011).

  • Empirisches Beispiel: Es konnte gezeigt werden, dass Personen in IUK mediierter Kommunikation einen stärkeren Aufgabenfokus haben und weniger soziale Interaktionen zeigen als in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht (Siampou, Komis, & Tselios, 2014; Zornoza, Ripoll, & Peiró, 2002).

Nichtsdestotrotz können auch soziale Medien beispielsweise von Mitarbeitenden im Homeoffice genutzt werden, um soziale Bedürfnisse zu befriedigen und soziale Isolation zu bewältigen, auch wenn dies weniger effektiv ist als persönlicher Kontakt (Wang et al., 2020). Wichtig ist, dass Menschen bereits tiefe offline Beziehungen zu anderen pflegen. Hier kann IUK Nutzung in Zeiten, in denen persönlicher Kontakt schwierig ist, offline Beziehungen gut ergänzen, jedoch nicht ersetzen (Waytz & Gray, 2018).

Ein weiteres Problem sind durch IUK mediierte Kommunikation ermöglichte neue Formen von sozialer Unterminierung wie Cyberbullying und Cyberaggressionen (z. B., Farley, Coyne, Axtell, & Sprigg, 2016; Park, Fritz, & Jex, 2018). Diese gehen beim Opfer mit emotionaler Erschöpfung, Stress, reduzierter Arbeitszufriedenheit und unerwünschtem Verhalten am Arbeitsplatz einher (z. B., Farley et al., 2016; Giumetti et al., 2013; Lim & Teo, 2009; Park et al., 2018). Besonders problematisch macht, dass durch IUK räumliche und zeitliche Grenzen überwunden werden können, ein großes Publikum erreicht werden kann und Nachrichten für eine sehr lange Zeit verfügbar sind bzw. überhaupt nicht gelöscht werden können (Camacho et al., 2018; Farley et al., 2016). Diese Verhaltensweisen lassen sich durch die Anwendung anderer sozialer Normen im digitalen Raum im Vergleich zum analogen Raum erklären (Suler, 2004). Im Internet sagen Menschen Dinge, die sie in der analogen Welt nicht sagen würden. Möglich ist aber auch, dass durch niedrigere Qualität der Informationsübertragung mehr Missverständnisse entstehen (Friedman & Currall, 2003) und so mehr Konflikte und Aggressionen auftreten (Camacho, Hassanein, & Head, 2018). Die Distanz zwischen Täter und Opfer sowie der Mangel an Informationen über den angerichtet Schaden, mag zudem die Motivation zu rücksichtsvollerem Handeln reduzieren (Wang et al., 2020).

Reduzierte emotionale Unterstützung und erhöhte soziale Unterminierung können die Befriedigung von sozialen Bedürfnissen verhindern und zu Einsamkeit am Arbeitsplatz führen. Insbesondere in virtuellen Teams und im Kontext von Telearbeit muss darauf geachtet werden (Wang et al., 2020). Einsamkeit geht wiederum mit reduziertem Wohlbefinden (z. B. erhöhte Mortalität; Holt-Lunstad, Smith, Baker, Harris, & Stephenson, 2015) und schlechterer Erreichbarkeit der Mitarbeitenden sowie geringerer affektiver Bindung an die Organisation einher, was auch die Arbeitsleistung mindert (Ozcelik & Barsade, 2018).

Fazit

Die Einführung und Nutzung von IUK hat Auswirkungen auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistung von Erwerbstätigen. Betrachtet man diese Prozesse aus der Perspektive der Arbeitsgestaltung, wird deutlich, dass die Veränderung von alten Tätigkeitsmerkmalen und das Aufkommen neuer Merkmale ein wichtiger Mechanismus zur Erklärung und Gestaltung dieser Auswirkungen sind.

Es wird auch deutlich, dass die Verbindungen zwischen Menschen, Technologien und Arbeit stark miteinander verflochten sind. Deshalb ist es wichtig von rein technikzentrierten oder menschzentrierten Ansätzen zur Betrachtung der digitalen Transformation weg und hin zu einer integrierten Sicht zu gelangen. Diese sollte die individuelle Nutzung von Technologien inklusive der aktiven Rolle der Menschen in Arbeitsprozessen fokussieren, dabei jedoch nicht die Rolle der Arbeitsgestaltung vernachlässigen.

Zusammenfassend zeigt diese Synopse, dass IUK Nutzung für Erwerbstätige per se nicht gut oder schlecht ist. Ihre Nützlichkeit bzw. Schädlichkeit ist von ihrer Ausgestaltung und Implementierung in Arbeitsprozesse abhängig sowie von der Passung zwischen Mensch, Technologie und sozialem Kontext. Somit bieten sich folgende Ansatzpunkte zur Sicherung Guter Arbeit:

1) Gestaltung und Implementeirung von IUK in einer Art und Weise, die die Qualität der Arbeit erhöht

2) Bereitstellung organisationaler Unterstützung für bessere Passung von Mensch und Technik

3) Schulung von Erwerbstätigen im Umgang mit IUK und Stärkung ihrer Selbstregulation

Zur Betrachtung der digitalen Transformation ist die Integration von technik- und menschzentrierten Ansätzen wie zum Beispiel im Modell von Wang und Kolleg*innen (2020) wichtig.

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Carolin Dietz
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Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie
Universität Leipzig
Institut für Psychologie
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